Probststraße 4

Probststraße 4
Bild: SWV Darmsheim Fotogruppe
Tafel Zehntscheuer
Bild: SWV Darmsheim Fotogruppe

 

Die Zehntscheune in der Kirchgasse ist eines der ältesten Gebäude Darmsheims. Es soll etwa um 1520 erbaut worden sein; so jedenfalls lautet das Ergebnis einer Gebälk-Holzkernunter­suchung. Diese Untersuchung war eine Umbauvorbereitungsmaß­nahme, um zu ermitteln, wie alt das Gebälk des Fachwerks ist und ob es noch gesund und brauchbar ist. Es hat sich gezeigt, daß es noch in einwandfreiem Zustand ist und noch Jahrhunder­te halten kann.

Unsere Zehntscheune ist zweifellos ein bautechnisch interessan­tes wie auch besonders schönes Fachwerkgebäude. Deshalb allein schon ist es erhaltungswürdig außer dem daß es wegen seiner Größe und Lage das Bild des umgebenden, alten Ortsteils domi­nierend prägt.

Doch es ist nicht nur sein Äußeres, das es für unseren Ort so wertvoll macht. Tradition, ortsgeschichtliche Ereignisse und Vorgänge, auch etwas von dem, was mit dem Wort Heimat beschrie­ben wird, manifestiert sich darin.

Unsere Vorfahren allerdings mögen mit gemischten Gefühlen an die “Zehnt“-Scheune gedacht haben. Der Gang dorthin fiel ihnen sicher nicht leicht und manchmal, beispielsweise wenn ein schlechtes Erntejahr oder gar ein Hungerjahr die Menschen heimgesucht hatte, mag es sie wohl hart angekommen sein. Die unerbittliche Forderung der Grundherrn der weltlichen und auch der kirchlichen Obrigkeit brachte das Volk oft in arge Bedräng­nisse, von denen wir heute kaum eine Vorstellung haben dürften. Aber vielleicht läßt der Hinweis auf die Aufstände der Bauern und hier ganz speziell auf die Schlacht bei Böblingen im Jahr 1525 (südlich vom Goldberg auf Sindelfinger Markung) zwischen dem Bauernheer und der adligen Streitmacht unter Jörg Truchseß v. Waldburg etwas von den inneren und äußeren Nöten jener Zeiten ahnen.

Die Zehntscheune früher war gewissermaßen das, was heute für uns das Finanzamt ist. Gerne hat man damals genau so wenig wie heute von dem, was man mit seinen Händen mühsam erarbeitet hatte, etwas oder gar viel, abgegeben. Man muß zudem bedenken, daß seinerzeit die Bitte ums tägliche Brot noch von ganz per­sönlich existenzieller Bedeutung war. Wie wird man da auf­geatmet haben, als – allerdings erst 1849 – der „Zehnte“ end­lich endgültig fiel. Aber selbst dieser Schlußpunkt mußte mit einer Ablösesumme erkauft werden.

Was mag sich alles bis dahin in und um unsere Zehntscheune herum abgespielt haben?!

Nach der Zehntenzeit ist dann das Gebäude nur noch als Gemein­descheune benutzt worden. Das heißt, sie wurde an solche Bauern vermietet, die mehr ernteten, als sie in der eigenen Scheune unterbringen konnten. Ein Teil des Scheunenraums diente daneben der Unterbringung von Heu und Öhmd aus den gemeindlichen’Wiesen. (Gwand „See“, „Haarlanden“).

Das war so bis vor wenigen Jahren, Jahrzentelang, nämlich bis 1968, war darin auch der gemeindliche Farrenstall unterge­bracht, der für die Viezucht wichtig war. Er wurde überflüssig, nachdem seitdem in den Viehbeständen der örtlichen Landwirte künstlich besamt wird.

Allmählich ging die Zahl der Landwirtschaften zurück und damit auch der Bedarf an Scheunenpachtraum. Unsere Zehntscheune stand praktisch leer, wenn man die Viehwaage außer Betracht läßt.

Ohne sinnvolle Nutzung wäre aber ihr Bestehen früher oder spä­ter fraglich geworden.

Deshalb fand die Anregung von Herrn Helmut Groß vom 18.4.1977 Bereitschaft und offene Ohren. Er wollte damals ein Bauern­theater und ein Heimatmuseum darin untergebracht sehen.

Er kam auf diesen Vorschlag durch einen entsprechenden Hinweis in einer der Arbeiten des Ideenwettbewerbs “Ortskernsanierung“.

Unser Hochbauamt erhielt den Auftrag zu untersuchen, ob ein Umbau derZehtnscheune möglich wäre. Das Ergebnis war posi­tiv, worauf auch das Kulturamt zustimmte. Man meinte, daß der Umbau ca. 530 000 DM kosten könnte. Eine Zeitlang war auch die Nutzung für ein ständiges schwäbisches Theater der Stadt Sindelfingen, das damals im·Gespräch war, ins Auge gefaßt. Weil die Zehntscheune dafür zu klein war, und es an genügend Parkplätzen fehlte, wurde diese Absicht fallengelassen.

Eine neue Lage trat dann durch den Antrag der Interessenge­meinschaft Darmsheirner Vereine (SWV, Musikverein, Gesangverein) vom 18. Februar 1978 ein. Danach haben diese Vereine ein großes Defizit an Vereinsräumen, die sie in der Zehntscheune geschaffen haben wollten. Eine Raumbedarfsaufstellung wurde mit vorgelegt.

Der Ortschaftsrat nahm auch diese Anregung gerne auf und schal­tete das Hochbauamt zur Fachberatung ein. Man kam im Baureferat zu dem Schluß, daß den Wünschen entsprochen und damit gleich­zeitig eine musterhafte Projektsanierung beispielgebend ver­wirklicht werden könnte. Es wurde auch gleich die Vergabe der Planung an die Architektengemeinschaft Berger-Hauser-Oed, Tübingen, und später zusätzlich Architekt Maute aus Darmsheim empfohlen. Diese Architekten erhielten dann im August 1978 den Planungsauftrag. Zu diesem Zeitpunkt schätzte man die Kosten bereits auf 900 000 DM.

Im Frühjahr 1979 stellte die AG erstmals öffentlich ihre Pläne vor. Sie fanden nach einigen Änderungen, Ergänzungen und Be­rücksichtigung zusätzlicher Wünsche die Zustimmung des Ort­schaftsrats, der Vereine und des Gemeinderats (Oktober1979). Auch die zu verwendenden Baumaterialien wurden ins Einzelne gehend festgelegt. Das Mehr an Programm, Materialwahl und in­zwischen gestiegener Baukostenindex erbrachten eine nunmehrige Kostenschätzung von 1,8 Millionen DM.

Während des ganzen Willensbildungs- und Entscheidungsprozes­ses waren die antragstellenden Vereine und die Theatergruppe zugezogen. Sie haben wesentlich mitgeholfen, um eine praxisnahe Lösung zu finden. Dieses Verfahren war nicht nur demokratisch, es war auch sehr vorteilhaft und sinnvoll. Man hat sich sogar vorweg über die Nutzung der Räume nach Fertigstellung geeinigt. Jeder weiß also heute schon, welche Räume ihm allein zur Ver­fügung stehen und welche einer gemeinsamen Nutzung vorbehalten sind. Für diese Hilfestellung sei herzlicher Dank gesagt.

Die letzte Absegnung der Pläne vollzog dann der Ortschaftsrat am 25. Oktober 1979. Mittel wurden beantragt und mit einer ersten Rate im Haushalt 1980 eingestellt, so daß die Rohbauarbeiten im Mai 1980 zur Vergabe kommen konnten. Und seit Mitte dieses Jahres sind, – wie sich jeder überzeugen kann – die Umbauarbei­ten in vollem Gange. Allerdings hat der detaillierte Kostenan­schlag eine weitere Kostenerhöhung signalisiert. Er lautet nun­mehr auf Baukosten von 2,3 Millionen DM. Es zeigt sich auch an diesem Projekt ganz deutlich: Renovieren und Sanieren ist teurer als Neubau!

Was hier aber für unsere Vereine und für die Ortsverschönerung getan wird, rechtfertigt den großen Mitteleinsatz unserer Stadt Sindelfingen.

Bei aller Freude über den Bau, bleibt eines festzuhalten. Allzuviel Räumlichkeiten können in der Zahntscheune leider nicht geschaffen werden. Jedenfalls nicht so viel, wie für eine optimale Vereinstätigkeit eigentlich gebraucht würden. Man wird daher nach wie vor auch andernorts Räume bereit­stellen müssen. So wird z.B. der Feierraum in der alten Schule auch weiterhin gebraucht.

Die baulichen Möglichkeiten der Zehntscheune sind ganz einfach durch die Grundriß-Situation gegeben. Sie hat außen gemessen eine Länge von 20,45 m und eine Breite von 10,50 m; Brutto­rauminhalt: 2320 cbm.

Um mehr zu erreichen, trug man sich auch mal mit dem Gedanken nach Norden anzubauen. Das scheiterte aber an den Eigentums­verhältnissen und daran, daß ein Erwerb nicht zustandekam. Das ist bedauerlich; aber nicht zu ändern.

 

Was bringt nun der Ausbau an Räumen für unsere Vereine:

Im Untergeschoß:

1 Besprechungszimmer

3 Abstellräumchen zus. 23 qm 23 qm

Im Erdgeschoß:

2 Gruppenräume a 1 Gruppenraum

1 Tennenplatz 24 qm 55 qm 20 qm

Im Obergeschoß:
1 Gruppenraum 24 qm

(Zwischenstock) 1 Fotolabor 16 qm

Im Dachgeschoß: 1 Saal 140 qm