Mühlen in Darmsheim
Unsere Mühle
Alle Schicksale unseres Orts in guten und bösen Tagen teilte getreulich die Mühle. Als eines der ältesten Gebäude verkörpert sie ein gut Teil Darmsheimer Vergangenheit und es lohnt sich, auf ihre Geschichte näher einzugehen.
Unsere heutige Mühle hatte in der sogenannten „Haldenmühle“ eine Vorgängerin.
Diese stand talabwärts nahe der Markungsgrenze, da wo sich der Wassergraben der Schwippe auf geringen Abstand nähert. Diese Stelle hat der Gemeinde schon manche Sorge gemacht. Immer wieder drückte das Wasser aus dem Graben dem Bach zu durch, so dass vor einigen Jahren eine Betonmauer aufgeführt werden musste. Es war eben nicht mehr gewachsener, sondern angefüllter Boden, ein Beweis, dass hier einst gebaut worden sein muss. Diese Vermutung wird durch Einträge in den Lagerbüchern bestätigt.
1747 macht Johann Georg Staib, Müllerknecht bei Johann Michael Dinkelacker, Rössleswirt in Sindelfingen, ,,unterthänigst bei Gnädiger Herrschaft“ die Eingabe, ihm die Erlaubnis zu erteilen, auf dem allhier abgeführten, alten Eckhaldenmühlplatz eine Mühle mit drei Gängen und einem Trillis erbauen zu dürfen. Dagegen erhob die ganze Gemeinde, vor allem die damalige Besitzerin der heutigen Mühle, Matth. Wolfangels Weib, auch namens ihrer 8 Kinder, heftigen Widerspruch mit folgender Begründung: Es habe in der Nachbarschaft Mühlen genug, neben der eigenen beständen 2 in Dagersheim, 2 in Döffingen, 1 in Schafhausen und gar 5 in Aidlingen. Sollte dem Staib die Genehmigung erteilt werden, so würde durch die neue der jetzigen Mühle derart Abbruch getan, dass es fraglich sei, ob die Besitzerin noch die jährlichen Gülten, Steuern und sonstigen Abgaben leisten könne. Als Hauptgrund aber wurde angeführt, dass ein alter Vertrag – gemeint ist wohl der weiter unten genannte Vergleich von 1484 – bestanden habe, der aber bei den letzten Franzoseneinfällen verloren gegangen sei, dessen Inhalt jedoch „uralte Leuthe“ noch wissen. Nach diesem Schriftstück sei die alte Mühle an der Eckhalde verkauft worden und dann längere Zeit still gelegen, bis sie endlich abgebrochen, an den heutigen Platz geführt und die noch stehende Mühle davon erbaut worden sei. Dieser Vertrag habe ferner die Bestimmung enthalten, dass auf dem alten Mühlplatz bei der Eckhalde keine Mühle mehr solle oder dürfe erbaut werden. Auch sei der Wasserzins mit jährlich 1 Gulden 15 Kreuzer nebst 1 Scheffel 6 Simri 2 Vierling Fruchtgülten von der alten auf die neue Mühle übertragen worden. Dazu müsse der „gemeine Flekhen“ seit undenklichen Zeiten wegen der alten verkauften Mühle auf Martini jährlich 2 Copponen (Kapaunen = gemästete Hahnen) abliefern. Besonders wird noch auf den Schaden hingewiesen, den die Talwiesen durch die Entziehung der Wässerung erleiden müssten. Daraufhin wurde durch fürstlichen Befehl vom 25. November 1747 dem Staib die Genehmigung versagt. Dass beide Mühlen nebeneinander bestanden, beweisen Einträge im geistl. Lagerbuch Böblingen von 1535, wo es von Grundstücken heißt: ,,liegt ob der undern milin“ und ,,bei der obern milin gelegen“. Vermutlich war es so, dass neben der neuen Mühle die alte, wenn auch nur teilweise zunächst noch benützt wurde und erst verkauft und abgetragen wurde, als jene vollständig ausgebaut war.
Das Lagerbuch von 1660 nennt den Platz: ,,Bei der Eckhalden, so lauter Öd und Wüste ist.“ Der Name „Eckhalde“ ist heute abgegangen, doch ist zweifellos damit die gegen Südwesten vorspringende Nase des Eichelbergs gemeint (beim jetzigen Straßenhäuschen). Wir nennen die Gegend den Eselsgrund, das erinnert uns an die frühere Gewohnheit der Müller, Esel als Lasttiere zu benützen. Auch der Name „Mühlhalde“ steht wohl im Zusammenhang mit der alten Mühle; während unser heutiger Mühlweg nichts damit zu tun hat, vielmehr den einstigen Weg zu den Aidlinger Mühlen bezeichnet. Die jetzige Mühle weist folgende Inschrift auf: 1582. Das Gebäude staht in Gottes Hand, Jakob Haug bin ich genanntt.“ Dieser Jakob Haug war es also, der in genanntem Jahr die heutige Mühle erbaute und 1602 noch einen Rossstall hinzufügte. Sie war Eigentum des Landesherrn und den Inhabern als Erbbesitz überlassen, also Erbmühle.
Jeder Eintrag in den Lagerbüchern über die Mühle beginnt gleich, z.B. 1619: „Michael Haugen Wittib hat innen und besizt die Mahl-Mühlen in Zwängen und Bannen zu Darmßheim, hat drey Gang, samt der Behausung darauf, Scheuern und Hofraithen darneben zwischen der gemeinen Straß und denn Wüßen gelegen, stoßt vornen und hinten auf die Allmand. Die ist der Herrschaft Württemberg Eigenthum und Ihr der Inhabern Erbguth, darauß zinßt. Und hat diese Mühlen die Gerechtigkeit, dass kein anderer Müller in das Dorf Darmßheim fahren soll, aber die Bürgerschaft daselbsten mögen ihrer gelegenheit nach in andern Mühlen mahlen.“
Es war also keine Bannmühle, d. h. die Bürger waren nicht gezwungen, nur in dieser Mühle zu mahlen. Von alters her war der Müller von allen Leistungen außer vom Vogtkorn, dem Mühlenzins, den Gemeindeabgaben und außerordentlichen Kriegssteuern befreit. Er hatte aber die Auflage, alle „Haupt- und Schließenden Gebäue Inn- und Außerhalb Wassers“ auf seine Kosten zu unterhalten. Als Mahllohn erhielt er das Milter, Dies war ein vertraglich festgelegter Teil des zu mahlenden Getreides. Der älteste uns bekannte Vertrag wurde an Peter und Paul 1484 zwischen der Gemeinde und dem „Haldenmüller“ über das Milter, die Benützung des Mühlwegs (wahrscheinlich der heutige Mühlhaldenweg) und den Mühlbau abgeschlossen. Später wurde die Höhe des Milters stets im Lagerbuch eingetragen.
Die Fortsetzung des Eintrags im Lagerbuch von 1699 lautet: ,,Und gibt man darinnen zum Mühltheil. Nahmlich: Von einem Schöffe! Kernen oder Roggen, so der Müller von und wieder zu Hauß führt, dass zu dem Sieb gemahlen wird: Anderthalb Vierling. Welcher aber den halben Vierling selbst verdienen will, der mag die Frucht heimführen ohne des Müllers Schaden. Da dann der Schöffe Kernen oder Roggen zum Beuttel gemahlen wird, obs schon gleich Einer selbsten heimführt Anderthalb Vierling. Item (ferner): von sechs Simry Ein Vierling gehäufft. Ferner. Von drey Simry Einen halben Vierling gehäufft. Und dann von einem Schöffel oder neun Simry Habern zu Muß-Meel (Habermehl) zu machen Ein Vierling Muß-Meel. ltem: Welcher einen Schöffe! Dinkel zu Kernen abgerbt, gibt davon Einen Pfenning.“
Der Müller Hans Haug war jedoch mit seinem Mahllohn nicht zufrieden, sondern nahm statt
1 1/2 jedes Mal 2 Vierling als Milter. Im Gerichtsprotokoll lesen wir unterm 6. März 1699 „Hannß Haug Müller allhir ist angebracht worden, dass er von den euthen mehr Mahlmilter nehme, alß sich in dem Lagerbuch und Mihlbrief befindet, ist deßtwegen von dem Anwalt Jakob Kienlin Schulthaißen zur Gnädigsten Herrschaft gestrafft worden umb 3 Gulden 15 Kreuzer.“ Da diese Strafe anscheinend nichts fruchtete, beschwerte sich die gesamte Bürgerschaft beim Vogt anlässlich der Erneuerung von 1699. Dieser legte die Streitsache dem „Ober Rath“ vor, der sie zur Verhandlung an das Stadrgericht Böblingen verwies. Der Urteilsspruch lautete: Da der Müller Hans Haug die 2 Vierling schon viele und lange Jahre nahm, so soll es auch fernerhin dabei bleiben und der Eintrag im Lagerbuch entsprechend abgeändert werden.
1850 besaß die Mühle zwei Mahlgänge und einen Gerbgang. Unsere jetzige Mühle ist ganz neuzeitlich eingerichtet. Zu den zwei Wasserrädern kommen als Aushilfskraft ein 10-Pferdestärken-Elektromotor und ein solcher mit 4 Pferdestärken. Sie arbeitet mit drei Mahlgängen, einem Gerbgang, einer Gerbmaschine, einer Kernenputzerei und einer Griesputzmaschine. Die Inhaber der Mühle waren, soweit dies festgestellt werden konnte:
1582 Jakob Haug und Lienhard Haug, dessen Bruder;
1640 werden als Müller genannt: Michel Haug und Thoma Haug. Die Witwe des etzteren bringt ihrem zweiten Mann Georg Gänßlin die Mühle in die Ehe;
1653 bringt deren Tochter aus erster Ehe bei ihrer Verheiratung mit J. Georg Riemp die
Hälfte der Mühle in die Ehe;
um 1660 Jakob und Hans Haug Müller; um 1670 Michel Haug, etwa bis 1715;
um 1729 Matthias Wolfangel, nach dessen Tod die Witwe mit 8 Kindern, von denen Müller auf der elterlichen Mühle ist:
um 1758 Jakob Wolfangel;
um 1783 Matthias Wolfangel;
um 1806 Johannes Wolfangel;
um 1850 J. Georg Wolfangel bis 1870; von 1870-1891 Georg Wolfangel Sohn; von 1891-1907 Jakob Decker;
von 1907 an Rudolf Wolfangel.