Josef Wohlschlager  (1924 – 2013)

Er wurde der „grüne Vater der Stadt Sindelfingen“ genannt. Von 1956 bis 1989 war er Leiter des Gartenamts. Er starb 2013 im Alter von 89 Jahren. Sein Name und seine Werke bleiben unvergessen.

Werdegang

Josef Wohlschlager wurde im oberbayrischen Speckbach am Chiemsee geboren. Er absolvierte seine erste Lehre bei der Post, war im Zweiten Weltkrieg Flugzeugführer und betrieb nach 1945 eine Holzdrechslerei. 1947 sattelte er auf die Gärtnerei um. Er studierte an der Lehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau in Weihenstephan, lernte dort Adolf Haag kennen und arbeitet nach 1953 im Stuttgarter Büro des Gartenplaners zum ersten Mal auch an Projekten für Sindelfingen wie der Anlage des Klostergartens.

Der damalige Oberbürgermeister Arthur Gruber holte Josef Wohlschlager 1956 nach Sindelfingen und übertrug ihm die Leitung des neu geschaffenen Gartenamtes. 1957 heiratete Josef Wohlschlager Hanneliese Buttschardt, eine Blumenbindemeisterin aus Biberach und legte 1960 seine Diplomarbeit zum Thema „Park am Gansackerweg“ (heute Dronfieldpark – der Autor) vor.

Er ließ Alleen von Bäumen entlang den Straßen an den Stadteingängen pflanzen: z.B.  Wildkirschen, die im Frühjahr herrlich weiß blühen und im Herbst eine wunderbare Laubfärbung zeigen, er gestaltete den Park an der Stadthalle und schuf die Anlage an der Stelle der ehemaligen Seemühle am Klostersee. Wenn die zahlreichen japanischen Kirschbäume im Frühjahr blühen, sind sie eine große Attraktion in unserer Stadt und werden bei Hochzeitsphotos besonders gerne als Hintergrund genutzt. Behutsam hat er auch den Alten Friedhof im Herzen von Sindelfingen zu einem Ort der Besinnung umgestaltet. Damit gewann Sindelfingen den Ruf einer grünen Stadt.

Gegensätze: Der Serenadenhof und der Berliner Platz

„Ein Garten braucht starke und feste Formen“ und „der Gestalter des öffentlichen Grüns kann beileibe nicht tun und lassen, was ihm gerade einfällt, oder auch nicht einfällt. Parkanlagen sind ja nicht nur zum Selbstzweck da, sondern sie haben Aufgaben. Die Schwerpunkte müssen gut verteilt sein und für jede Lage muss eine charakteristische Lösung gesucht werden!“

Das Paradebeispiel dafür ist seine erste Arbeit in Sindelfingen. Auf dem Herrenwäldlesberg hat er die Parkanlage Stück für Stück gestaltet. Mit Hammer und Meißel haben die Leute vom Gartenamt eine Mauer nach der anderen gesetzt, sobald die Stadt wieder ein Grundstück erworben hatte. Adolf Haag, sein Lehrmeister, der in der Nachkriegszeit zu den bedeutendsten Gartenplanern gehörte, stand Pate. Aus Stuttgart holte Josef Wohlschlager Statuen, die einst auf den Gesimsen des im Krieg zerstörten Neuen Schlosses gestanden hatten, und ließ sie auf dem Herrenwäldlesberg aufstellen. Die Statue des Flussgottes Rems wurde später der Gemeinde Remseck geschenkt. Die übrigen Statuen wurden seitdem von Vandalen bis zur Unkenntlichkeit zerstört.

Wie Josef Wohlschlager seine Maxime umgesetzt hat, wird an zwei Beispielen deutlich. Praktisch zugleich entwickelte das Gartenamt die Konzepte für den Serenadenhof hinter dem Alten Rathaus und für den Berliner Platz auf dem Goldberg, der 2004 sein 50-jähriges Jubiläum feiert. Die Unterschiede könnten kaum größer sein. In der Altstadt hinter dem historischen Rathaus ein lauschiges Plätzchen mit geschwungenen Linien und einem Brunnentrog, den Josef Wohlschlager in Herrenberg gefunden und selbst gekauft hat. „Der Stein ist sicherlich 400 Jahre alt, der Entwurf von Heinrich Schickhardt“. Den Trog hat er zunächst als Leihgabe der Stadt überlassen, bis das Rathaus ein Machtwort sprach und dem Gartenamtsleiter das Geld – damals 500 DM – überwies. Josef Wohlschlager, der im Garten eine ganze Sammlung von Kleindenkmalen wie Grenzsteine, eine Stein-Miste und sogar eine Abortgrube aus dem alten Wurmbergquartier besitzt, hat im Ruhestand das Rad zurück gedreht und der Stadt den Brunnentrog wieder abgekauft. Als Vorbild für diesen Platz in der Altstadt, der Kulisse für das Sommertheater geworden ist, hat Josef Wohlschlager japanische Gärten genommen.

Resolut in die Moderne ist der Gartenamtsleiter 1957 dagegen beim Entwurf für den Berliner Platz gegangen. Waschbeton, an Ort und Stelle gegossene Platten, ein Doppeltrog, Platanen als Blickfang und zwei Reihen von Pyramiden-Eiben. „Wir waren damals ganz süchtig nach allem, was modern war. … Es war damals keine Preisfrage,  weil Natursteine damals noch erschwinglich waren, die Brüche in Ehningen und Magstadt noch produzierten. Aber zum neuen Stadtteil passen die aufgelösten Strukturen mit versetzten Flächen in modernem Material.“

Begrünte Dächer und der Aibachgrund in Darmsheim

Dicht an der Natur bleiben, Vorhandenes aufgreifen unterstützend hervorheben, davon ließ er sich leiten bei seinen Planungen. Aber ganz abhold war er auch dem Experiment nicht, doch auch dabei war die Pflanzensoziologie sein Wegweiser. Früh schon hat er die Idee der begrünten Dächer umgesetzt: „Damals gab es noch wenig Erkenntnisse und schon gar keine Literatur“.

Das Wort Ökologie mag für manchen noch ein unbekannter Begriff gewesen sein, als Josef Wohlschlager ganz selbstverständlich seinen Planungen ökologische Zusammenhänge zugrunde legte an die Tierwelt, an die geologischen und hydrologischen Beschaffenheiten. Dem künstlerisch geschulten Auge des Landschaftsentwicklers sind harmonische Farbkonzepte zu verdanken.

Besonders am Herzen lag ihm die Entstehung des Aibachgrunds in Darmsheim, jenem Ort, der ihm zur neuen Heimat geworden war. „Wir haben mit einem Bagger geschafft wie die Bildschnitzer“, sagte er zum 25. Geburtstag des Aibachgrunds über dessen Umwandlung vom Steinbruch zur Parklandschaft.

Auszeichnungen für sein Lebenswerk

Schon 1983 erhielt er den Hans-Bickel-Preis der Fachhochschule Weihenstephan und 1989 die Goldene Verdienstmedaille der Stadt Sindelfingen. Der Bund der Deutschen Landschaftsarchitekten zeichnete ihn 1993 für sein Lebenswerk aus, und 1996 bekam er für seine Staudenbeete die Foerster-Medaille.

Im Ruhestand

Josef Wohlschlager trat 1989 in den Ruhestand. Auch nach seiner Pensionierung war er in Fachkreisen aktiv, veröffentlichte das Buch „Unser Garten meisterlich bepflanzt“ und war regelmäßiger Autor in Zeitschriften wie „Gartenpraxis“.

Ehrenamtlich arbeitete er weiter für seinen Stadtteil Darmsheim, wo er sich auf der Hornsteige sein Heim geschaffen hatte. Von ihm stammte ein erster Entwurf für die Nordumfahrung. Er hat auch den Plan für die Außenanlagen des Darmsheimer Kindergartens und die Friedhofserweiterung am Aidlinger Weg geliefert.

Einen nostalgischen Blick auf die Vergangenheit hatte der damals 80-jährige dennoch: „Es ist schade, dass heute fast niemand mehr schöne Trockenmauern bauen kann.“ (Er dachte dabei vermutlich an die schönen Trockenmauern, die der Potsdamer Gartengestalter Hermann Mattern für die 3. Reichsgartenschau 1939 auf dem Stuttgarter Killesberg geschaffen hatte und die bis heute höchste Anerkennung finden (Anmerkung des Autors).

Im Ruhestand hatte er sich auf der Liste der Freien Wähler für den Sindelfinger Gemeinderat, den Darmsheimer Ortschaftsrat und den Böblinger Kreistag engagiert. 1994 wurde er in allen drei Ämtern wiedergewählt, zog sich aber 1999 aus der aktiven Kommunalpolitik zurück.

Dieser Aufsatz geht auf zwei Artikel in der SZ/BZ zurück, die ihm Peter Bausch und Sibylle Schurr zu seinem 80. und 85. Geburtstag gewidmet hatten. Das Foto ist von Herrn F. Stampe.
Auszüge aus diesen Texten wurden zusammengefasst und geringfügig ergänzt von Dr. Alfred Hinderer, Heimatpfleger im Schwarzwaldverein Sindelfingen.