Eugen Schempp (1913 – 2003)

Er wurde als Sohn des Finanzsekretärs Karl Otto Schempp und seiner Ehefrau Anna, geb. Kimmich in Münsingen geboren. Von Seiten seines Großvaters und seiner Mutter war er aber ein echter Sindelfinger. Das Elternhaus stand im „Seemüllers Gässle“. Ab 1922 ging er in die Realschule und dann aufs Reformrealgymnasium auf dem Goldberg. Sein Schulkamerad und lebenslanger Freund war Karl Heß, der spätere Böblinger Landrat. Nach dem Abitur 1931 studierte er das Fach Geodäsie an der Technischen Hochschule in Stuttgart und schloss es 1935 als Dipl. Ing. des Vermessungswesens ab. Dann kam der Krieg, aus dem er 1945 zurückkehrte.

Er begann 1947 seinen Berufsweg an der Sindelfinger Außenstelle des Staatlichen Vermessungsamts Böblingen und leitete diese ab 1948. 1952 wurde er Leiter des Staatlichen Vermessungsamts Böblingen. In diese Zeit fiel der Wiederaufbau der Städte nach den Kriegszerstörungen, dann die Erweiterung der Städte und Gemeinden und die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur und der neuen Industriegebiete. Am Ende seiner Berufsjahre ging er 1975 als Oberregierungsvermessungsdirektor in den verdienten Ruhestand.

Neben seiner beruflichen Tätigkeit hatte er sich immer mit der Archäologie, der Geschichtsforschung und der Denkmalpflege beschäftigt. Er widmete jetzt im Ruhestand seine Zeit diesen Themen. Er baute 1958 das Sindelfinger Stadtmuseum auf und war bis 1989 sein ehrenamtlicher Leiter. Aus Grabungs- und Abbruchfunden bei Straßen- und Häuserbauten zog er archäologische Erkenntnisse und verband sie mit wissenschaftlichen Untersuchungen, um zu historischen Aussagen zur Siedlungs- und Stadtgeschichte zu kommen. Die Funde sind im Stadtmuseum ausgestellt, darunter Nachgeburtstöpfe, die in den Kellern der Altstadthäuser in reichlicher Zahl gefunden wurden. Mit Hilfe von dendrochronologischen Untersuchungen in Zusammenarbeit mit der Universität Hohenheim gelang die Datierung der Altstadthäuser und damit ihre zeitgeschichtliche Erforschung. Damit ist Sindelfingen Vorreiter und Meilenstein der modernen Bau- und Hausforschung in Deutschland. Der „Sindelfinger Eichen-Baumringkalender“ ist einzigartig. Er umfasst die Zeit zwischen 1380 und 1430 mit zwei auffälligen Signaturen in den Jahren 1393-1398 und 1416-1421.

Seine Aufarbeitung der Stadt- und Häusergeschichte war ein enormer Vorteil, als in den 1960er Jahren die Gefahr bestand, dass die Altstadt „saniert“ das heißt großflächig abgerissen und mit modernen Terrassenhäusern neu bebaut werden sollte. Eine Bürgerinitiative stellte sich damals dem Abriss in den Weg und hatte Erfolg dank den Ergebnissen seiner Arbeit, seiner Öffentlichkeitsarbeit und auch dank dem jetzt erwachenden Interesse der Stadt an ihrer Geschichte. Er untersuchte und dokumentierte die Häuser des Wurmbergviertels, bevor es für das Warenhaus „DOMO“ endgültig verschwand. Und er setzte durch, dass das baugeschichtlich einmalige Firstsäulenhaus an der Oberen Vorstadt nicht einfach abgerissen sondern an die nördliche Stadtmauer versetzt wurde. Heute ist die historische Altstadt ein großartiges Juwel und Anziehungspunkt für die Bürger und die Besucher der Stadt. Ohne Eugen Schempp wäre das nicht möglich geworden. Er wurde dafür zur 500 Jahrfeier des Alten Rathauses im Jahr 1978 vom Gemeinderat mit der Ehrenplakette der Stadt ausgezeichnet.

In den 1980er Jahren gehörte Eugen Schempp zu den Initiatoren und Mitbegründern des „Stadtgeschichtlichen Wegs Sindelfingen“. Dieser war eine Initiative des Schwarzwaldvereins Sindelfingen e.V. und der Stadt. Für die Bronzetafeln von Prof. Gebauer an den Altstadthäusern und die Begleitbroschüre lieferte er die Texte, mit denen die Besucher die Geschichte und Bedeutung der Gebäude erfassen können. Er war Autor zahlreicher zeit- und baugeschichtliche Artikel, darunter des Bands „Die Bauliche Entwicklung Sindelfingens vom Mittelalter bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts“ (1988). Eugen Schempp gehörte auch zu den Gründungsmitgliedern des Heimatgeschichtsvereins für Schönbuch und Gäu.

Eugen Schempp starb im Jahr 2003 kurz vor der Erreichung des 90. Lebensjahrs.

Eine ausführliche Würdigung aus Anlass seines 80sten Geburtstags schrieb Dr. Fritz Heimberger , Archivar im Kreis Böblingen, im Heft „Aus Schönbuch und Gäu“ 1993, Heft 3 Juli/September, Seiten 17 – 20; im Internet ist der Artikel zu finden unter:
https://gedbas.genealogy.net/person/show/1125931624